Genuss, dann Schluss: Kunstfest würdigt zehn Jahre VGH galerie – Food Art mit Sonja Alhäuser

Leckerer Lauf der Dinge: Letzte Kunstausstellung „Lauf der Dinge“ in der VGH galerie 

Bis 31. Oktober 2018 stellen die VGH Versicherungen ihren Galerieraum in der hannoverschen Direktion ausschließlich noch für mehrere Monate in den Dienst der Kunst. Nach zehn Jahren reiner Nutzung als „VGH galerie“ setzt die Ausstellung „Lauf der Dinge“ von Sonja Alhäuser ein letztes Ausrufezeichen hinter 37 vorhergehende Ausstellungen. Anders als bei herkömmlichen Eröffnungen, zu denen seit 2008 mehr als 5.000 Kunstfreunde kamen, bedankt sich der größte öffentliche Versicherer in Niedersachsen diesmal mit einem interaktiven Kunstfest bei treuen Fans und allen interessierten Bürgern.

Interessante Buffetguards konnten den Appetit der Besucher beobachten

Sonja Alhäusers "Flying feastsAnleitung" - lecker anzusehen aber aber nur mit den Augen aufzunehmen.

Und wenn es etwas zu feiern gibt, darf der Genuss natürlich nicht fehlen. Food Art nennt Sonja Alhäuser deshalb ihre Kunst, die fast vollständig essbar ist. In einem performativen Akt hatte sie Teilnehmer der Vernissage eingeladen, einige ihrer Werke zu verspeisen. Wie bei der anstehenden Verwandlung der VGH galerie in einen „Freiraum“ geht es auch der gebürtigen Westfälin um Prozesse der Verformung und des (Aus-)Probierens. Barock anmutende Skulpturen bestehen aus Nahrungsmitteln und verweisen dabei auf deren Notwendigkeit für das Fortbestehen von Lebewesen – sowie auf ihr Ende.

Na dann Prost bei Sonja Anhäusers "Kunstfest"!

Der schmale Grat zwischen Genuss und Sünde - Verlockung und Distanz: Food Art soll auch nachdenklich machen.

Konträr zur verlockenden „Verinnerlichung“ opulenter Kunst schaffen die unverblümten Darstellungen modellierter Leiber und ergänzende, großformatige Bildzeichnungen gleichzeitig Distanz. Sie sollen bewusst zwiespältige Gefühle und Nachdenklichkeit wecken. Auf diese Weise führt Sonja Alhäuser den Betrachter auf den schmalen Grat zwischen Genuss und Sünde, Hingabe und Widerstand, Liebe und Kampf.

Sonja Alhäuser sieht „positive Art der Verschwendung“, denn „Kunst geht durch den Magen“, ist die mehrfach ausgezeichnete Künstlerin von der engen Verbindung zum Essen überzeugt. Neben künstlerisch gestalteten Rezeptbildern gehören Schokosäulen, Margarineskulpturen, eine Käse-Venus oder ein Weinbrunnen zu ihren typischen Werken. Sonja Alhäuser, Bildhauerin und Zeichnerin, möchte ihre Kunst erlebbar machen. „Der Genuss gehört dazu. Dass nicht jedes Kunstwerk erhalten bleibt, sehe ich als positive Art der Verschwendung.“ Die übrigen Exponate werden bis zum Ausstellungsende am 31. Oktober 2018 zu sehen sein.

Großformatige Rezeptbilder ergänzen die Skulpturen und Installationen.

Sonja Alhäuser, geboren 1969 in Kirchen (Sieg), studierte von 1989 bis 1997 an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, wo sie 1994 Meisterschülerin von Prof. Fritz Schwegler wurde. Heute lebt und arbeitet sie in Berlin.

Kurator Dr. Reinhard Spieler: „Die Leidenschaft fürs Kulinarische überträgt Sonja Alhäuser auf ihre Kunst. Sehen, riechen und schmecken – eine völlig andere Art der künstlerischen Darbietung macht ihre Arbeiten zu einem ganz besonderen Erlebnis.“ Zudem führe Alhäusers Food Art das gesellschaftliche Tabu, Kunst zu berühren, durch ihr mögliches Verspeisen ad absurdum.

VGH-Vorstandsmitglied Thomas Vorholt: „Gemeinsam mit unserem Kunstteam hoffe ich, dass viele Gäste und Mitarbeiter sich auf dieses Experiment und eine ungewöhnliche Erfahrung einlassen. Wir laden ausdrücklich dazu ein, sich so der Frage nach einer Ethik des Genießens zu nähern. Was trennt in einer Welt von Schönheit und Vergehen, von Freud und Leid den bewussten, genießerischen Umgang mit Nahrungsmitteln von der blinden, gedankenlosen Verschwendung einer Wegwerfgesellschaft?“

Die Jubiläumsveranstaltung läutet den Übergang zu einem erweiterten Nutzungskonzept für die Halle. Ab 2019 sollen an diesem Ort der Begegnung neben alternativen Formen der Kunstpräsentation viele weitere Facetten der VGH in stetigem Wechsel gezeigt werden. Das Angebot richtet sich weiterhin an neugierige Besucher, soll in stärkerem Maße aber auch Mitarbeiter einbeziehen.

Ausstellungszeitraum: 21. Juni bis 31. Oktober 2018

VGH galerie, Schiffgraben 4 (Eingang Warmbüchenkamp)

Öffnungszeiten: täglich von 11 bis 17 Uhr